Malawi

"This is our country. Let's not burn it down."

Der heutige Staat leitet seinen Namen von den vorkolonialen Reichen der Maravi her; die koloniale Bezeichnung war Nyasaland. Das langgezogene Binnenland, dessen Territorium zu mehr als einem Fünftel aus dem Nyasasee besteht, wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts durch britische Missionen und Handelsgesellschaften kolonisiert. Missionare wie Händler nutzten den Vorteil, den sie aus ihrem technischen Wissen und aus der überlegenen Bewaffnung hatten, dazu, sich als Landherrn zu etablieren, bei den Konflikten im Land mitzumischen und gegen die stärkste einheimische Gruppe, die Ngoni, Aufstände anzuzetteln.

Schon 1893 verfügte die einheimische Bevölkerung nur noch über 2/5 des fruchtbaren Bodens. Die Enteignung schuf eine landlose Gruppe von Einheimischen, die als squatter, als rechtlose Bauern und Arbeiter auf europäischen Besitzungen, oder als Arbeitsmigranten ein Auskommen suchen mussten. 1935 befanden sich, wie eine Kommission feststellte, ca. 120.000 Arbeiter aus Nyasaland in den Minen Katangas, Nordrhodesiens und Südafrikas, d.h. jede vierte männliche erwachse Arbeitskraft im Protektorat.

1953 wurde Nyasaland Teil der Zentralafrikanischen Föderation mit den beiden Rhodesien (heute Zimbabwe und Zambia). Wirtschaftlich profitierte Nyasaland von der Aufteilung der gemeinsamen Steuer- und Zolleinnahmen; es erhielt mehr zurück, als es zur gemeinsamen Kasse beitrug. An der Abhängigkeit und relativen Armut des Landes änderte das nichts. Für die afrikanische Bevölkerung verschlechterte sich die Lage wegen der Schaffung eines Binnenmarktes mit hohen Zöllen, die für Importe aus Drittländern bezahlt werden mussten. Nur ein Teil der einheimischen Produzenten von cash crops konnte aus der neuen Situation ähnlich wie die Europäer einen Vorteil erwirtschaften.

Ende der 1950er Jahre forderten Politiker vor allem der Congress Party unter Führung von Hastings Banda den Austritt aus der Föderation und die Unabhängigkeit. Bei der Niederschlagung von Protesten und Demonstrationen kamen nach und nach immer mehr Menschen ums Leben. Hastings Banda wurde verhaftet, kam jedoch im Rahmen der Unabhängigkeitsverhandlungen frei und übernahm 1963 das Amt des Regierungschefs. 1964 wurde Malawi unabhängig.

Zu diesem Zeitpunkt waren mit 40% des Wertes die Teeplantagen der wichtigste Agrarexporteur. Die bäuerlichen Betriebe lieferten Tabak, Baumwolle und Erdnüsse; gut 80% der Produktion entfiel jedoch auf Mais (und andere Grundnahrungsmittel) für die lokale Versorgung. „Viele Beobachter gaben Malawi, als es unabhängig wurde, wenig Chancen für einen wirtschaftlichen Erfolg. Nyasaland wurde als ‚imperial slum’ bezeichnet, und man nannte es das ‚Irland Zentralafrikas - arm, malerisch, und mit einem stehenden Vorrat an verschickbarer Arbeitskraft’.“ schrieb Frederic Pryor 1990 in einem politökonomischen Vergleich Malawis und Madagaskars.

1966 wurde Malawi eine Präsidialrepublik und die Congress Party fungierte von da an als Einheitspartei. Das Parlament wählte Dr. Banda zum Präsidenten und 1971, noch bevor eine neue Wahl anstand, erklärte ihn die Partei zum Staatschef auf Lebenszeit. Im Verlauf der ersten Dekade der Unabhängigkeit verstand es Banda, in einer Mischung aus Appellen ans Volk, Anrufung afrikanischer Tradition, Korruption und direkter wie indirekter Gewaltanwendung ein System der Kontrolle aufzubauen, das es ihm möglich macht seinen Willen direkt in allen Bereichen der Wirtschaft, Politik und Rechtsprechung durchzusetzen.

In den Aussenbeziehungen suchte Dr. Banda eine enge Zusammenarbeit mit den weissen Regimen in Südafrika, Rhodesien und Moçambique, was ihm von Seiten des Westens Entwicklungshilfe sicherte. In der Wirtschaft galten die autoritäre Politik Bandas und seine Bereitschaft zu einer engen Zusammenarbeit mit ausländischem Kapital als Grundlage für das rasche Wachstum, das Malawi bis in die 1980er Jahre zu verzeichnen hatte.

Malawi blieb ein Agrarexporteur. Die Landwirtschaft liefert über 95% der Exporte und beschäftigt mehr als 90% der Bevölkerung. Tabak, Tee und Zucker machten den Hauptanteil der cash crops aus und wurden vor allem in Grossbetrieben erzeugt. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft verlor immer mehr an Bedeutung. Seinen Ministern gab Banda den Merksatz mit: „Jeder sein eigener Unternehmer“. Der Präsident ging dabei mit gutem Beispiel voran und schuf einen Konzern, der an allem beteiligt war, was im Land Bedeutung hatte.

Nach wirtschaftlich guten Zeiten kam in den 1990er Jahren eine Rezession; Versorgungsschwierigkeiten bei Grundnahrungsmitteln und eine grosse Anzahl von Flüchtlingen machten das Land von ausländischer Unterstützung abhängig. Der Druck von Aussen durch die Demokratisierungswelle und die Altersschwäche des über 90-jährigen Präsidenten führten 1994 zur Ablösung Bandas. Auch wenn die Politik in der Folge durch Wechsel der Präsidenten und Regierungsparteien eine Öffnung zeigte, war sie weiterhin durch Korruption, Nepotismus und Gewalt gegen politische Opposition und Meinungsvielfalt geprägt. Dazu kamen mehrmals Umweltkatastrophen: Dürre und Überschwemmungen, wie 2019 durch den Wirbelsturm Idai.

Im Juli 1019 protestierten Tausende gegen die Wiederwahl Präsident Mutharikas, den die Wahlkommission mit nur einem winzigen Vorsprung gegenüber seinem Konkurrenten Lazarus Chakwera zum Sieger erklärt hatte. In Zusammenhang mit anderen Protesten erklärte Präsident Mutharika: „This is our country. Let's not burn it down." (BBC)

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