Walter Schicho

A O F (Afrique Occidentale Française)

 

Der Begriff des ‘Kolonialstaats’ ist juridisch gesehen ein Fehlgriff, denn diese abhängigen Territorien konnten nicht die kleinste politische Initiative setzen; nicht bloss die lokalen Gouverneure, selbst der Generalgouverneur der Föderation war in seiner Macht (im Bereich der Exekutive, und soweit er durch Erlässe und Verordnungen vorgehen konnte auch in der Legislative) voll vom Kolonialminister abhängig.“
(Coquery-Vidrovitch et al. 1992:7)

 

 

Das Gebiet des früheren AOF umfasste rd. 5,2 Mio. km2 ; davon war allerdings das Meiste geringwertige Böden und auch an den Bodenschätzen hatten die britischen Kolonien deutlich mehr aufzuweisen. So kam es dazu, dass die Briten ziemlich überheblich gegenüber den Franzosen ihre eigene Position hervorhoben. Bekannt ist Lord Chamberlains Sager vom „gallischen Hahn, der im Sand scharren möge“.

Die Vorgeschichte

Französische Handelshäuser[1] waren spätestens seit dem 16. Jahrhundert in Westafrika präsent. Die ersten dauernden Niederlassungen entstanden an der Senegalküste und von hier aus breiteten sie sich nach Süden aus.
            Als Folge der Kriege zwischen den grossen europ. Mächten übernahm im 18. Jahrhundert England einen grossen Teil der französischen Niederlassungen.[2] Als sich also während der französischen Revolution der Konvent dazu entschloss, die Sklaverei zu verbieten, und allen Bewohnern der Kolonien, unbeschadet ihrer Hautfarbe, volles französisches Bürgerrecht zuzuerkennen,[3] waren nur vier Niederlassungen in Senegal von diesen Massnahmen betroffen: Rufisque, Goré, Dakar und Saint Louis. Wenngleich bereits Napoleon diese Bestimmungen wieder zurücknahm, so machten doch in der Folge diese “quatre communes” eine von den übrigen Kolonialbesitzungen unterschiedliche politische und rechtliche Entwicklung durch.
            Im Wiener Kongress erhielt Frankreich seine früheren Besitzungen in Westafrika wieder zurück und die Handelsfirmen setzten ihre Expansion fort, die bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Schutz des Marineministeriums stand. 1828 die Casamance, 1842 die Elfenbeinküste, 1868 Cotonou waren Stationen der Expansion, die sich vorerst auf die Küstengebiete beschränkte. „Auf dass die expansionistischen Gelüste einer Handvoll Individuen zu einer nationalen Mission im Interesse des Prestiges eines Staates wurden, mussten die kolonialen Propagandisten die Politiker davon überzeugen, dass ihre höchst persönlichen Ansprüche durchaus Teil eines kollektiven, nationalen Plans sein konnten.“ (Chipman 1989:35f) Diese Beobachtung trifft allerdings genau so auch auf andere koloniale Projekte zu, wie etwa die deutschen. Im Unterschied zu den Briten betrieben diese kolonialen Mächte die Unterstützung privater Kolonisierung relativ offen, während es bei den Briten immer wieder hiess, die Kolonisierung dürfe dem Staat, der Regierung in London, nichts kosten: ein Kriterium, dem längst nicht alle kolonialen Unternehmen der Briten, vor allem in Afrika, stand hielten.
            Mit Gouverneur Louis Faidherbe, 1854-1865, begann die Eroberung Senegals. Es waren in erster Linie Militärs,[4] die immer weiter ins Innere Westafrikas vordrangen und mit viel Brutalität und unlauterer Diplomatie[5] die Staaten im Landesinneren annektierten und zerstörten. Eine Handvoll Offiziere, oft keineswegs die best qualifizierten, denn der Dienst in den Kolonien war keineswegs so attraktiv, führten Einheiten der Marineinfanterie von ein paar hundert Mann, verstärkt durch afrikanische Truppen und oft auch durch bewaffnete Kräfte afrikanischer Landesherrn, die an der Seite der Franzosen versuchten ihren eigenen Krieg zu führen. Die französische Marine versuchte in diesen Einsätzen sowohl ihre Bedeutung innerhalb der franz. Armee zu verstärken, wie die britische Konkurrenz in die Schranken zu weisen, gegen die sie allerdings seit dem Siebenjährigen Krieg wenig Erfolg gehabt hatte. Eine eigene Kolonialarmee entstand erst 1900, was einen franz. General dazu verleitete zu meinen, „Frankreich hat ab nun zwei Armeen, eine zuhause gegen Deutschland und eine in den Kolonien gegen England.“ (nach Chipman 1989:39)
            Es ging jedoch an der afrikanischen Front viel eher gegen die einheimischen Mächte. Die angegriffenen Staaten leisteten in der Regel mehr oder minder harten Widerstand. Am erfolgreichsten war dabei zweifellos Samory Touré, der in den 1880er und 1890er Jahren der Kolonialarmee und ihren Verbündeten bis zu 30.000 Soldaten entgegenstellen konnte, davon 12.000 mit Feuerwaffen. Er musste sich den Franzosen erst 1897 geschlagen geben, aber auch die Mose, verschiedene Fulbestaaten und Abomey konnten sich bis in die 1890er Jahre immer wieder gegen die Eroberer zur Wehr setzen. “Es war, selbstverständlich, ein grausamer Krieg, aber auf beiden Seiten hatte das so etwas wie Tradition. Die ‘Razzia’ (Strafexpedition), die Bugeaud von seinen Gegnern in Algerien übernommen hatte und die ihm zu Theorie und Programm wurde, übermittelte er seinen ‘Schülern’. .. Es fehlte nicht an Exzessen. .. Viel charakteristischer aber waren die Beschlagnahmung von Lebensmitteln und die Rekrutierung von Trägern sowie die Verluste an Menschenleben als Folge einer durchmarschierenden Armeekolonne: Opfer von Kampfhandlungen, Menschen erstickt in Verstecken und brennenden Häusern, auf der Flucht umgekommen, zwischen den kämpfenden Fronten. Auch Samory schonte die eroberten Dörfer keineswegs. Nach Besetzung einer Ortschaft wurden die Ältesten liquidiert, die Bevölkerung deportiert und versklavt, Ernte und anderer Besitz geplündert. Der Hass, den seine ‘Sofa’ so säten, trug viel zum Sieg der (kolonialen) Eroberer bei.” (Michel 1992:67)
            In grossen Zügen wurde in den letzten zwanzig Jahren des 19. Jahrhunderts durch eine Reihe von Verträgen zwischen den Kolonialmächten[6] die Einflusszonen und Grenzen in Afrika festgelegt. Grundlegend waren dabei die Abkommen der sogenannten Kongokonferenz in Berlin 1884/85. Die Grenzziehung zwischen den einzelnen Territorien erfuhr jedoch immer wieder Veränderungen und genauere Festlegungen bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Erst mit dem Zweiten Weltkrieg standen die Grenzen der Staaten in der heutigen Form fest. Bedenken wir aber die Auseinandersetzungen zwischen westafrikanischen Staaten, die sich inzwischen ereignet haben - wie Mali/Burkina in den 1970er und 1980er Jahren und Senegal/Mauretanien (1989) - so waren auch diese Festlegungen längst noch nicht endgültig und widerspruchsfrei.
            Der antikoloniale Widerstand, der von traditionell organisierten politischen Gruppen und Staaten getragen wurde, konnte erst mit Beginn der 1920er Jahre endgültig gebrochen werden. Dies war zugleich der Zeitpunkt, an dem in ersten Ansätzen der Widerstand neuer politischer und sozialer Gruppen, national orientiert im Sinn der kolonialen Grenzen, spürbar zu werden begann. Dieser Widerstand manifestierte sich allerdings, zumindest soweit es die westlich assimilierten “neuen Eliten” betraf, im Rahmen und unter grundsätzlicher Anerkennung der kolonialen Herrschaftsstrukturen.

            Anfangs wurden die kolonialen Besitzungen durch einen Gouverneur von Senegal (St. Louis) aus verwaltet. Dann erhielten 1889 Dahomey, 1891 Guinea, 1893 die Elfenbeinküste und 1899 der französische Sudan (Mali) den Status von autonomen Verwaltungseinheiten. 1895 wurden die Militärs durch eine zivile Verwaltung abgelöst und der AOF - “Afrique occidentale française” - als übergeordneter Verband der französischen Kolonien in Westafrika geschaffen. Er wurde durch eine Reihe von Verordnungen ausgebaut und erhielt mit der Charta von 1904 seine endgültige Form. Zu den bereits genannten Kolonien kam 1910 das Militärterritorium Niger, aus dem 1922 eine Kolonie wurde, Obervolta, das 1919 geschaffen wurde, aber zwischen 1932 und 1947 auf die Nachbarkolonien aufgeteilt war, und Mauretanien, dessen Gouverneur ausserhalb der Grenzen des Territoriums in St. Louis (Senegal) residierte. Mauretanien war seit 1902 Protektorat und wurde 1920 eine Kolonie. Von 1919/20 an verwaltete Frankreich als Völkerbundmandat auch Togo. Trotz seines Sonderstatus machte die frühere deutsche Kolonie de facto einen Teil des AOF aus.

            Verwaltet wurden die französischen Kolonien von einem 1894 geschaffenen Kolonialministerium, das aus einem Staatssekretariat des Marineministeriums entstanden war. Das Interesse der Kolonialverwaltung in der Metropole konzentrierte sich aber vor allem darauf, Frankreich aus dieser Tätigkeit keine grossen Kosten entstehen zu lassen. Tatsächlich machten die Ausgaben für die Kolonien, Algerien mit eingeschlossen, dem aufgrund der massiven Kolonisierung besondere Aufmerksamkeit galt, bis zum Ersten Weltkrieg zwischen 5,7% und 7,8% der französischen Staatsausgaben aus. (Coquery-Vidrovitch 1992:106) Das scheint auf den ersten Blick wenig, belastete das Budget dennoch spürbar. Eine Aufgabe der Kolonien, wie sie im Laufe des 19. Jahrhunderts gelegentlich gefordert worden war, kam nach der Jahrhundertwende nicht mehr in Frage. Dagegen standen der massive Einfluss der Kolonialgesellschaften und das politische Prestige. Dazu kam, dass Frankreich mit den Kolonien eine spürbare Ausweitung seiner zentralistischen Administration betrieben konnte. Schon 1891 kritisierte der Abgeordnete Jules Delafosse, dass die Kolonisierung „doch nur betrieben würde, um den Export der Bürokratie zu fördern“. (nach Chipman 1989:56)
            Die eigentliche Verwaltung lag bei den Beamten in den Kolonien, deren oberster der Generalgouverneur in Dakar (bzw. für AEF in Brazzaville) war. Ihm unterstanden die Gouverneure der einzelnen Kolonien, die ihr Gebiet durch Kreiskommandanten (commandants du cercle) verwalten liessen.
            Die Kreiskommandanten werden von unterschiedlicher Seite immer wieder als das “zentrale Element” der französischen Kolonialverwaltung beschrieben. Ihnen delegierte das koloniale Zentrum alle Macht. Für ihren Bereich waren sie Regierung, Gesetzgeber, oberste Richter, Entwicklungsplaner, Steuereintreiber und dazu oft auch noch Lokalhistoriker, Linguisten, Naturforscher, kurz oberste wissenschaftlicher Experte. Vor allem in der Frühzeit liess ihnen die schwierige Kommunikation mit entlegenen Teilen der Kolonie weitgehend freie Hand selbst zu entscheiden, wie sie den Vorgaben ihrer zentralen Dienststellen am besten entsprachen. “Ihre Allmacht verdunkelte gelegentlich, bei manchen, das Gefühl für Menschlichkeit und für das Machbare, was zu Übergriffen und manchmal zu Horrorsituationen führte, aber die meisten Verwaltungsbeamten waren zuvörderst Paternalisten: sie sprachen von ‘meinem Cercle’, ‘meinen Strassen’, ‘meinen Eingeborenen. Der Fortschritt ihres Territoriums hängt von ihrer Tätigkeit ab .. und sie werden beurteilt und avancieren in der Karriere entsprechend dem Profit, den sie erbringen, bei den Steuern, der Organisation der Zwangsarbeit oder der Aufbringung lokaler Produkte.” (Cotte 1992:88)
            Ungleich den Briten legten die Franzosen wenig Wert auf die Aufrechterhaltung der bestehenden politischen Strukturen, bedienten sich ihrer aber dort, wo es günstig erschien. Zahlreiche Angehörige des afrikanischen Adels wurden chef du canton, d.h. von der Administration eingesetzte oder bestätigte Verwaltungsbeamte, die für den Kommandanten eine Anzahl von Dörfern verwalteten, wobei die präkolonialen grösseren Einheiten, also in erster Linie zentral verwaltete Staaten “feudalen” Charakters, in mehrere Kantone aufgeteilt wurden. “Wenn sich die Verwaltung auch manchmal der Leute bediente, die aus traditionellen Hierarchien kamen, so existierte die ‘Chefferie’, wie sie vom Kolonialsystem gesehen wurde .. nur von Gnaden des Kolonisators und konnte nichts anderes sein als dessen Instrument. .. Ein Rundschreiben des Generalgouverneurs Van Vollenhoven erklärt: ‘Sie [die Chefs] haben überhaupt keine eigenen Befugnisse, denn es gibt keine zwei Autoritäten im Cercle .. der Commandant du Cercle befielt allein; er allein ist verantwortlich. Der ‘Chef indigène’ ist nur ein Instrument, eine Hilfskraft. .. Die Chefs sind keine früheren Regenten, deren Thron wir infrage stellen wollen. Diese Erbtümer haben entweder nie bestanden oder wurden von uns gestürzt und werden nie mehr errichtet werden.’ .. Und ein Bericht des ‘Inspecteur des Colonies’ Maret fügt dazu 1930: ‘Er steht nicht in der Erbfolge der früheren lokalen Eingeborenenherrscher .. selbst wenn es Personalunion gibt, bestehen keinerlei Verbindungen früherer und gegenwärtiger Zustände. Der Chef Canton, auch wenn er der Nachkomme eines Königs ist, mit dem wir Verträge geschlossen haben, hat keine Macht aus sich heraus. Von uns ernannt .. ist er nichts anderes als unser Gehilfe.’” (Cotte 1992:89)
            Im kolonialen Diskurs standen die beiden Konzepte der „Assimilation“ und der „Assoziation“ einander gegenüber. Die Integration lokaler Eliten liess sich eher dem zweiten Bereich zuordnen, während die Schaffung und Förderung einer zahlenmässig kleinen modernen Elite sehr viel von assimilatorischen Vorstellungen umsetzte. Letztlich blieb, auch wenn der Kolonialminister 1905 dekretierte, das Prinzip der Assoziation sei dem Prinzip der direkten Herrschaft vorzuziehen, die koloniale Herrschaft Frankreichs vielleicht deutlicher als andere davon geprägt, dass alle Macht vom metropolitanen Zentrum ausging, und wem sonst Macht zukam, der hatte sie von Gnaden der Regierung in Paris.
            Vor allem bei den Dorfchefs erkannte die Kolonialverwaltung häufig einen rechtmässig gewählten oder erblichen Funktionär an, vorausgesetzt, er erledigte seine Aufgaben zur Zufriedenheit seiner kolonialen Vorgesetzten. Bei der internen administrativen Aufteilung eines Dorfes (chef du quartier) folgte man meist den bestehenden Gruppierungen nach Verwandtschaftsverhältnissen. In den meisten westafrikanischen frankophonen Staaten blieb diese Verwaltungsstruktur auch nach der Unabhängigkeit erhalten; so ging etwa Togo erst in rezenter Zeit, aus Anlass der durch die Strukturanpassung erzwungenen Reformen der Dezentralisierung, auf ein anderes System über. Daraus resultierte allerdings keine Verbesserung, sondern sehr oft administratives Chaos, weil die neu eingesetzten Beamten keine Autorität gegenüber der Bevölkerung etablieren konnten.
            Über die Rolle der einheimischen Subalternverwaltung sagte Generalgouverneur Merlin 1923: “Verdanken wir es nicht der Kollaboration der Chefs, wenn sich die Eingeborenen unseren verschiedenen Anweisungen bereitwillig unterordnen? Ob es sich um den Einzug von Steuern handelt, die Leistung von Zwangsarbeit, die Bereitstellung von Rekruten oder die Aktionen polizeilicher Untersuchungen, ob es darum geht, an unseren Projekten der Entwicklung und Vorsorge[7] teilzunehmen, in allen Bereichen der Administration, immer finden wir sie an unserer Seite, treue Vollstrecker unserer Befehle.” (nach Albertini 1976:276)
            Dem Generalgouverneur wie den Gouverneuren stand ein beratendes Gremium[8] zur Seite, dessen Mitglieder in die Entscheidungen jedoch nicht eingreifen konnten. Es bestand aus Beamten der Kolonialverwaltung und gewählten Vertretern der französischen Bürger in den Kolonien, meist Vertretern der Wirtschaft oder Repräsentanten der christlichen Kirchen, vor allem katholische Geistliche und Bischöfe.

            Ähnlich den englischen Besitzungen in Westafrika und im Gegensatz zu Zentralafrika dominierte im AOF das Handelskapital, das einheimischen Produzenten die Herstellung landwirtschaftlicher Exportgüter (wie Erdnüsse, Baumwolle, Kaffee oder Kakao) und das Aufbringen anderer Produkte (Kolanuss, Holz, Kautschuk, Gummi arabicum) überliess. Es hatte dabei die Unterstützung der Kolonialverwaltung, die sich um den Ausbau der Infrastruktur bemühte. Bis zum Beginn des Weltkrieges waren die wichtigsten Eisenbahnlinien fertiggestellt, wobei der AOF die Hälfte der Kosten zu tragen hatte und mit der Organisation billiger (oder aufgrund von Zwangsarbeit extrem billiger) Arbeitskraft einen weiteren Beitrag leisten musste.
            Bis zum Ersten Weltkrieg brachten die Kolonien nur wenig ein und auch die Investitionen hielten sich in Grenzen.[9] Der grosse Krieg kurbelte die koloniale Wirtschaft jedoch gewaltig an und in den 1920er Jahren ging die Expansion gezielt weiter. Mit dem Ersten Weltkrieg verstärkte sich auch die wirtschaftliche Ausrichtung auf die jeweilige Metropole und die Weltwirtschaftskrise 1929-33 brachte dann endgültig beinahe eine Binnensituation. Durch Präferenzregelungen wie Zölle, Import- und Exportkontingente, unterschiedliche Transporttarife und gemeinsame Währungszonen wurden die Kolonien in Richtung auf die jeweilige Metropole abgeschottet. Die grossen Investitionen liessen aber weiter auf sich warten und der während der Volksfrontregierung eingerichtete Entwicklungsfonds erhielt bis nach dem Zweiten Weltkrieg keine Mittel.
Zugleich mit der Aufschliessung des Hinterlandes durch Strassen und Eisenbahnen wurden die früher sehr erfolgreichen einheimischen Zwischenhändler verdrängt und innerhalb der europäischen Handelsfirmen trat eine immer weiter gehende Konzentration ein, sodass nach dem Ersten Weltkrieg eine kleine Zahl grosser Handelsfirmen die Wirtschaft des AOF kontrollierte.[10] Zwangsarbeit beim Ausbau der Infrastruktur und die Verpflichtung von vor allem saisonalen landwirtschaftlichen Arbeitern brachten bedeutende Bevölkerungsverschiebungen, während die Resultate von Grossprojekten, wie die des Office du Niger,[11] hinter den Erwartungen zurück blieben.

            Eine Reihe von Gesetzen schuf bis 1915 eine Zweiteilung der kolonialen Bevölkerung: eine Minderheit der französischen Bürger, die citoyens, zu denen Einwanderer aus Europa und die Bewohner der Quatre Communes[12] gehörten, stand einer Mehrheit kolonialer Untertanen, den sujets, gegenüber. Die beiden Gruppen gehörten politisch, rechtlich und wirtschaftlich völlig verschiedenen Welten an. Es gab zwar im Rahmen einer assimilierenden Politik, die eng verbunden war mit der Ausbreitung des französischen Bildungswesens, die Möglichkeit, vom sujet zum citoyen zu werden, doch machten nur wenige Angehörige der neuen Elite davon Gebrauch. 1932 gab es laut Bevölkerungsstatistik von AOF 14,36 Millionen sujets und 71.121 einheimischen citoyens. Dazu kamen 16.657 Franzosen und etwa 1.000 assimilierte Afrikaner aus Gebieten ausserhalb des AOF.
            In Blaise Diagne hatten diese citoyens bereits 1914 einen eigenen Abgeordneten im Parlament in Paris, doch integrierten sie sich, ebenso wie der Rest der neuen Elite, vollständig ins bestehende System und brachten immer wieder zum Ausdruck, schwarze Franzosen zu sein. Die Probleme der breiten Bevölkerung waren nicht die ihren.

            Die Befugnisse des Generalgouverneurs bei der Verwaltung des AOF gingen sehr weit, doch war er an den durch die Kolonialgesetze gegebenen Rahmen gebunden, der ihm vor allem eine finanzielle Eigenversorgung vorschrieb. Die Verwaltung war, wie in Frankreich selbst, zentralistisch. Aufgrund der grossen Entfernungen und der noch bescheidenen Kommunikationsmittel war jedoch der Kreiskommandant ein absoluter Herr in seinem Bereich. Er konnte seine Möglichkeiten auf sehr verschiedenen Weise nützen: im Interesse der Bevölkerung oder gegen sie. Eine Kontrolle erwuchs ihm aus seiner Verantwortung gegenüber der Zentralverwaltung und von Seiten der Vertreter der kolonialen Wirtschaft, die von ihm Unterstützung bei der Aufbringung von Gütern, bei der Einführung des Zwangsanbaus neuer landwirtschaftlicher Exportprodukte und beim Verkauf importierter Güter erwarteten. Der Umfang der Steuerleistungen und der Zwangsarbeit zur Instandhaltung von Strassen überstieg oft die Kapazität der Landbevölkerung. Während die zeitgeschichtlichen Beschreibungen europäischer Autoren (mit eingeschlossen die autobiographischen Darstellungen von Verwaltungsbeamten[13]) ein weitgehend positives “Vater”-Bild des Kreiskommandanten entwerfen, zeigt seine Darstellung im afrikanischen Roman[14] stark negative Züge: Brutalität, Alkoholismus, psychische Instabilität, Zusammenarbeit mit europäischen Kaufleuten oder Unternehmern mit dem Ziel einer Ausbeutung der afrikanischen Bevölkerung u.a. mehr.
Die Zwischenkriegszeit war dadurch geprägt, dass das koloniale System endlich zu seiner Form gefunden hatte und in Wirtschaft, Politik, Administration und geistiger Beeinflussung der Kolonisierten sehr effizient ihre Ansprüche durchsetzte. Das hiess für die französischen Kolonien vor allem ein Bildungswesen und Inhalte, in denen Frankreich und die „françité“ eine prominente Rolle spielten. Die „civilisation“, die Frankreich den Kolonisierten aufzwang, enthielt jede Menge schöngeistiger Elemente, jedoch kaum das technische Wissen, das Voraussetzung für eine eigenständige gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung war.
Im Kontext des „Hochkolonialismus“ entwickelten die Betroffenen - oder zumindest ein Teil von ihnen - ein neues Bewusstsein, lernten mit dem Kolonialismus umgehen, erprobten neue Formen des Widerstands und der Organisation, schufen sich eine wirtschaftliche Grundlage und setzten sich neue Ziele im oder jenseits des kolonialen Systems. Die überwiegende Mehrheit dieser „modernen Gesellschaft“ akzeptierte den kolonialen Staat, kritisiert aber zahlreiche seiner Realisierungen bzw. seine Partner.
            Die durch den Kolonialismus verursachte Veränderung der Gesellschaft liess neben der grossen Masse der bäuerlichen Bevölkerung, die als cash-crop Produzenten oder als saisonale Wanderarbeiter nur teilweise in den modernen Sektor integriert waren,[15] eine Anzahl sozio-ökonomisch verschiedener Gruppen entstehen, die zwar zahlenmässig klein, durch ihre Beziehung zum Kolonisator aber bedeutend für die zukünftige politische Entwicklung der Kolonien waren. Am stärksten ausgerichtet auf den Kolonisator war jener Teil der “neuen Elite”, der eine höhere Schulbildung, teilweise sogar in Frankreich, hinter sich gebracht hatte, und als Lehrer, Beamter oder Arzt im Dienst der Kolonialverwaltung stand. Aus dem traditionellen Bereich, meist aus regierenden Familien, kamen landwirtschaftliche Produzenten, die - oft in Verbindung mit dem Amt des Kantonschefs - ihre Stellung zum Ausbau einer kapitalistischen Produktion von cash-crops nützten. Sie standen, als Traditionalisten oder Neotraditionalisten, in einem gewissen Gegensatz zur kleinbürgerlichen “jungen” Elite. Eine andere Gruppe waren die anciens combattants, die im Ersten oder Zweiten Weltkrieg für Frankreich gekämpft hatten. Sie genossen bei der einheimischen Bevölkerung wie bei der Kolonialverwaltung gleichermassen Ansehen, bezogen gesicherte, aber untergeordnete wirtschaftliche und politische Positionen und galten als konservativ im Sinne eines paternalistischen Kolonialismus. In einem gewissen Gegensatz zu den kleinbürgerlichen und traditionalistischen Gruppen standen qualifizierte Arbeiter, vor allem Hafen- und Eisenbahnarbeiter, die in den 1930er und 40er Jahren ein kritisches, teilweise antikoloniales Bewusstsein aufbauten, in den 1950er Jahren aber vom nationalen Kleinbürgertum aufgesogen wurden.

 

Die Wiedererrichtung der Metropole

 

Nach dem Zusammenbruch Frankreichs im Zweiten Weltkrieg brachte Felix Eboué, Westinder und Gouverneur des Tschad, eine Bewegung in Gang, in der sich zuerst die Verantwortlichen im AEF und Kamerun hinter de Gaulle und sein France libre stellten. Brazzaville wurde seine erste Hauptstadt.

            Die Militärverwaltung von AOF hielt ebenso wie die von Nordafrika zur Vichy-Regierung des Marschall Pétain, bis sie nach der Landung der Alliierten Ende 1942 aufgeben musste. Es war bezeichnend für die schwierige Position, die de Gaulle gegenüber den Alliierten hatte, dass sich der Generalgouverneur Boisson nicht den Vertretern des France libre (und auch nicht den Briten), sondern dem US-amerikanischen Oberkommandierenden ergab. In AOF wie in AEF profitierten die grossen Firmen und die europäischen Unternehmer von der günstigen Entwicklung der Rohstoffpreise und den vorteilhaften Bedingungen, die ihnen die Alliierten einräumten. Die Bevölkerung hingegen hatte die Lasten des Krieges zu tragen, Rationierung, vermehrte Zwangsarbeit, Mangel an Gütern, Inflation und Rekrutierung von Soldaten.

            Vom 30.1. bis 8.2.1944 trafen sich in Brazzaville die Gouverneure und hohen Beamten der Kolonien. Die Konferenz bestätigte, dass das von de Gaulle geführte Frankreich nicht die Absicht hatte, dem erwachenden Nationalismus in den Kolonien Raum zu geben. Ihre Bevölkerung sollte vielmehr eine “der Bedeutung der Kolonien in der französischen Gemeinschaft angemessene” Vertretung in der kommenden Konstituante haben.
Frankreich ging - obschon Roosevelt wie Stalin in den Kriegsjahren immer wieder ihrer Abneigung gegen den französischen Kolonialismus Ausdruck verliehen hatten - seit der Konferenz von Brazzaville unbeirrt und durchaus erfolgreich an die Wiedererrichtung seines Kolonialreiches. Sein Anspruch darauf, als Weltmacht zu gelten, war auf extreme Weise mit den Überseebesitzungen verknüpft und je mehr davon verloren ging - zuerst im Nahen Osten, dann in Indochina und zuletzt in Nordafrika -, desto stärker klammerte sich die kleinste der grossen Mächte an Afrika südlich der Sahara. 1945 wurde die ”Union française” konzipiert. Für die verfassunggebende Versammlung, die im Oktober 1945 in Paris zusammentrat,  durften die Überseebesitzungen 64 der 586 Abgeordneten wählen. [16] Das war mehr als Frankreich seinen Kolonien je zugestanden hatte - dennoch vertraten damit nur 11% der Abgeordneten 60 % der gesamten Bevölkerung der Union.
Die Abgeordneten waren auf der Grundlage eines Zweiklassensystems aus den Gruppen der Citoyens und der Sujets gewählt worden. Von neun afrikanischen Abgeordneten aus AOF und AEF waren zwei in der ersten Wählerklasse erfolgreich gewesen: Lamine-Gueye für Senegal-Mauretanien und Gabriel d'Arboussier in Kamerun. Die übrigen waren Leopold Sedar Senghor (Senegal-Mauretanien), Fily Dabo Sissoko (Sudan-Niger), Felix Houphouet-Boigny (Elfenbeinküste), Yacine Diallo (Guinea), Sourou Migan Apithy (Togo-Dahomey), Alexandre Douala Manga Bell (Kamerun) und Jean-Felix Tchicaya (Gabun-Mittelkongo). Die neun Abgeordneten bildeten zuerst eine Fraktionsgemeinschaft mit den Sozialisten,[17] gingen jedoch bald eigene Wege.
            Die erarbeitete erste Verfassung wurde zwar in einer Volksabstimmung abgelehnt,[18] brachte aber bereits einige Neuerungen: Die Termini Union Française und Überseeterritorien (TOM), die Schaffung des Francs CFA,[19] das Gesetz über die Abschaffung der Zwangsarbeit (loi Houphouet-Boigny) und das Gesetz über die Beseitigung des Status der Sujets (loi Lamine-Gueye).[20] Die zweite Konstituante hatte Erfolg und Frankreich eine neue Verfassung. Es fiel in diesem Zusammenhang, und zwar nur für AOF, das Zweiklassenwahlrecht. Die Kolonien waren ab da “Überseeterritorien der einen und unteilbaren französischen Republik”, und die Mandatsgebiete wurden zu “assoziierten Territorien”. Es war auch davon die Rede, dass die Territorien im Rahmen der Union Française zur Selbständigkeit geführt werden sollten - nur gab es dafür keinerlei konkrete Termine.

            Nach der neuen Verfassung entsandte Afrika Vertreter ins Abgeordnetenhaus und in den Senat, in die Versammlung der Union Française und in andere Gremien, die mit Fragen der Überseeterritorien beschäftigt waren. Einige dieser afrikanischen Vertreter wurden sogar Regierungsmitglieder, wie Senghor oder Houphouet-Boigny.
            In den Territorien blieb die Macht des Überseeministeriums und der davon abhängigen Gouverneure aufrecht. Die Territorialversammlungen hatten nur beratende Funktion. Auf Ebene des AOF bestand eine Art Kabinett (conseil de gouvernement) und ein Parlament (grand conseil), die von den Territorialversammlungen beschickt wurden. Aber auch diese Institutionen hatten nicht mehr Kompetenzen.
            In der Zeit bis 1956 lagen die grossen Probleme Frankreichs ausserhalb Afrikas (Indochina, Nato, Wiederaufbau etc.). Afrika galt als Sicherheit und Stütze, etwas, das blieb. Darin waren sich, mit geringen Unterschieden, alle Parteien der Metropole einig, von ganz links bis ganz rechts. Frankreich brauchte Afrika, um sich wirtschaftlich zu sanieren und den Status einer Grossmacht zumindest zum Schein aufrecht erhalten zu können. Öffentliche und private Gelder wurden massiv in afrikanische Kolonien investiert. Im Zentrum der Bemühungen stand der 1946 gegründete Fonds d’investissement pour le développement économic et social (FIDES). Die Zahl der Franzosen in Afrika stieg auf ein Mehrfaches. Bevorzugtes Ziel der Investitionen war der AOF, dessen Importe sich zwischen 1949 und 1955 wertmässig verdoppelten und dessen Exportvolumen sogar noch stärker anwuchs. Trotz der durch die Weltpolitik geforderten Öffnung der Kolonien richteten sich die französischen Territorien in Afrika weiter ganz deutlich auf die Metropole aus.

            Die Vertreter Frankreichs und die führenden afrikanischen Politiker ignorierten, was Grossbritannien als “wind of change” zur Kenntnis zu nehmen bereit war: die durch die internationale Lage, die ökonomische Expansion der USA und den erwachenden Nationalismus in den kolonisierten Gebieten notwendige Entkolonisierung. “Autonomie” und gar “Unabhängigkeit” waren verpönte, ja unmoralische Begriffe, die Leute wie de Gaulle oder Senghor bis zum letzten Augenblick vermieden auszusprechen.
            Verglichen mit der Zeit vor 1945 kam es zu einer Entmachtung der colons und der chefs, der Traditionalisten also in beiden Lagern, während sich die Kolonialverwaltung, die internationalen Firmen und die Angehörigen der “neuen Eliten” zu einer gemeinsamen Nutzung der Kolonien zusammenfanden.
            Die französischen Kolonisten (colons), in erster Linie im AEF zuhause, hatten den Krieg als eine wirtschaftlich besonders einträgliche Zeit erlebt und waren eine enge Zusammenarbeit mit der Kolonialverwaltung gewohnt, die ihnen die Wege ebnete und die Konkurrenz vom Leibe hielt. Der neue Stil nach 1945 schadete ihnen sowohl wirtschaftlich wie sozial. Ihr Protest, den sie in Verbindung mit den extrem rechten Parteien in Frankreich formulierten, war anfangs wirksam. Sie versuchten die Realisierung neuer Gesetze (die Aufhebung der Zwangsarbeit, die Arbeitsgesetze von 1951 etc.) in den Kolonien so lange als möglich zu verhindern, doch wurden sie letztlich überrollt, weil sie archaische Reste in einer neuen Welt waren. Während ein Teil von ihnen die Kolonien verliess und mit Nostalgie und ungebrochenem Rassismus in Frankreich (oder in Südafrika) ein neues Leben aufbaute, wandelten sich andere zu “afrikanischen Nationalisten” und “Beratern” der neuen politischen Führer.
            Die Chefs wiederum suchten im Vertrauen auf ihre traditionelle Autorität und die den Franzosen geleisteten Dienste in direkten Verhandlungen eine politische Sonderstellung. Die Verhandlungen um eine neue Bestimmung ihres Status führte 1956 sogar zur Gründung einer eigenen Organisation der Chefs,[21] doch hatten sie zu diesem Zeitpunkt ihre Sonderstellung bereits eingebüsst. Die Kolonialverwaltung wie die nationalen Parteien hatten sich des Einflusses der Chefs bedient, um die Bevölkerung in den Griff zu bekommen, und beseitigten dann Schritt für Schritt ihre Befugnisse. In Guinea kam es mit der Unabhängigkeit sogar zu einer völligen Aufhebung der Institution, aber auch dort, wo sie weiter bestand, wurde die Person des Chefs immer mehr zur folkloristischen Figur.[22] Sie konnten ihre Macht nur dort behalten, wo sie sich in eine Partei eingliederten, die im Kampf um die politische Vorherrschaft siegreich blieb.

            Die neuen Parteien, die ab 1945 entstanden, wurden in erster Linie von Angehörigen der kleinbürgerlichen neuen Elite getragen. Sie bauten auf sozialen oder regionalistischen[23] Vereinigungen auf und durchliefen so lange Krisen und Spaltungen, bis jeweils eine dominierende Persönlichkeit unangefochten die Spitze halten konnte. Die einzelnen Parteien schlossen sich innerhalb AOF und AEF zu Konföderationen zusammen, die jeweils wieder von einer politischen Persönlichkeit dominiert wurden. Die grösste und stabilste davon war der RDA (Rassemblement Démocratique Africain), an dessen Spitze Felix Houphouet Boigny stand.
            Houphouet-Boigny war in Dakar als medecin africain[24] ausgebildet worden, übernahm jedoch nach seiner Rückkehr den ihm als Mitglied einer regierenden Familie zustehenden Posten eines Kantonschefs. Dazu war er erfolgreich als Produzent von cash-crops tätig und erwarb ein Millionenvermögen. 1944 gründete er einen Verband der afrikanischen Pflanzer in der Elfenbeinküste und stieg in Zusammenhang mit den Kommunalwahlen in die aktive Politik ein. Die Wahlen in die erste Konstituante gewann er nur knapp gegen einen Kandidaten aus Obervolta. Aufgrund der Popularität aus der Einbringung des Gesetzes gegen die Zwangsarbeit hatte er in der Folge aber keine Schwierigkeiten mehr sich durchzusetzen.
            Houphouet-Boigny's Partei, der PDCI (“Parti Démocratique de la Côte d'Ivoire”) wurde zur Keimzelle des RDA, der Sektionen in allen Territorien des AOF und AEF aufbaute. Auf der Grundlage eines Übereinkommens mit Abgeordneten in Paris kam es im Oktober 1946 zum ersten Kongress des RDA in Bamako. Die neue Partei war eine Allianz mit den Kommunisten eingegangen, weniger weil sich der Millionär und Aristokrat Houphouet-Boigny inhaltlich so zu ihnen hingezogen gefühlt hätte, sondern weil er die möglichen Koalitionspartner, d.h. Parteien, die in der französischen Regierung vertreten waren, in Paris bereits besetzt fand.[25] Die massive Unterstützung der französischen Kommunisten sicherte dem ersten Kongress des RDA auch einen durchschlagenden Erfolg.[26]
            In die erste Nationalversammlung zogen sieben Kandidaten des RDA ein. Nicht zuletzt aufgrund der Wahlerfolge verstärkte sich die Basis der Bewegung. Neue Regionalparteien entstanden, wie in Guinea der durch Sekou Touré gegründete PDG/RDA (Parti Démocratique de Guinée) und andere verstärkten ihre interne Organisation. Als Vorbild dafür diente das Modell der verbündeten Kommunistischen Partei. Vor allem in der Elfenbeinküste wurde dieser Parteiapparat zu einer Art parallelen Administration, der sein Programm, teilweise in Konfliktkurs mit dem Apparat der kolonialen Verwaltung durchzusetzen suchte. Dies, und die Koalition mit der KP Frankreichs, die seit 1947 nicht mehr in der französischen Regierung vertreten war, brachte den RDA in eine prekäre Situation. Eine Reihe von Abgeordneten und führenden Mitgliedern trennte sich vom RDA und suchte Kontakte zu Parteien, die weiterhin in der französischen Regierung vertreten waren, Parteien der Mitte bzw. der Rechten. Auch Obervolta ging dem RDA verloren. Es wurde 1947 wieder als eigenes Territorium errichtet, nach tatkräftiger Intervention der Mossi-Aristokratie (die vom “kommunistischen” RDA wenig hielt). Als Vertreter Obervoltas wurde Nazi Boni, ein Kandidat der Union Voltaique, zum Abgeordneten gewählt.
            Im Jänner 1949, auf dem Krisenkongress in Treichville (Abidjan), beschloss die Partei, sich noch stärker auf die Kommunisten auszurichten und eine noch aggressivere Politik zu führen. Dieser Beschluss bot für den Gouverneur eine Gelegenheit den RDA direkt anzugreifen. Die Krise der Bewegung trat in erster Linie in der Elfenbeinküste zutage. Gewaltsame Auseinandersetzungen mit Dissidenten, die versuchten eine neue Partei zu gründen, boten den Anlass zum Einsatz der Armee. Es gab Todesopfer, und die französische Regierung beschloss über den gesamten RDA ein Versammlungsverbot zu verhängen. Angesichts der drohenden Blockierung seiner politischen Tätigkeit reagierte Houphouet-Boigny mit einer Kehrtwendung. Er veranlasste zuerst d'Arboussier, der als der engste Kontaktmann zu den Kommunisten galt, zurückzutreten und kündigte dann die Koalition mit den Kommunisten auf. Als neuer Partner fand sich der damalige Überseeminister François Mitterand und dessen kleine sozialistische Partei.[27] In den Wahlen von 1951 verlor der RDA zwar viel, aber nicht alles. Drei Kandidaten wurden wiedergewählt: Houphouet-Boigny, Mamadou Konate und Felix Tchicaya. Alle anderen mussten ihre Karriere vorläufig ausserhalb von Paris fortsetzen.
            Natürlich gab es wegen dieser totalen Neuorientierung Konflikte innerhalb der Bewegung und eine Reihe von Austritten bzw. Ausschlüssen, anderseits blieben so prominente Linke wie Sekou Touré und Modibo Keita an der Seite Houphouet-Boigny's, und wurden bald auch für ihren Verbleib durch Wahlerfolge belohnt. Die Kehrtwendung des RDA, von einer antifranzösischen (oder vielleicht besser einer oppositionellen Gruppe gegen die französische Regierung, “antigouvernemental”) zu einer anerkannten Bewegung wurde bei den Wahlen im Jänner 1956 deutlich honoriert. Der RDA erreichte in vielen Territorien zumindest wieder eine absolute Mehrheit. In der Elfenbeinküste und in Guinea gab es sogar ganz überlegene Siege. 1957, als in Bamako der Dritte Kongress des RDA stattfand, war die Bewegung am Höhepunkt. Houphouet-Boigny war sein unbestrittener Führer, wenngleich sich die Delegierten der Parteiversammlung gegen seinen Wunsch für eine Direktwahl des Parlaments von AOF entschloss, also für eine Unterstützung des föderativen Modells (im Gegensatz zur “Balkanisierung”, die Houphouet-Boigny vertrat).

            Einen zweiten politischen Block bildeten mehrere sozialistische Parteien, die jedoch, wegen einer zu engen Bindung an die SFIO (Section Française de l'Internationale Ouvrière) nur geringe Erfolge zu verzeichnen hatten. Das Fehlen einer eigenen Afrikapolitik der französischen Sozialisten machte sich hier bemerkbar.
            Zu den prominenten Vertretern dieser Gruppe gehörte Ahmadou Lamine-Gueye, Abgeordneter der 1. Wählerklasse im Senegal und Bürgermeister von Dakar. Sein Partner, Leopold Sedar Senghor trennte sich schon 1947 vom ihm und gründete eine eigene Partei, die mit Anfang der 50er Jahre die Politik im Senegal dominierte. Auch nach der Bildung des MSA (Mouvement Socialiste Africain) 1956 schaffte nur Djibo Bakary im Niger einen deutlichen Wahlsieg. In AEF dominierten die Sozialisten im Kongo.

            Als die eigentlichen Konkurrenten zum RDA kann die Gruppierung um Senghor angesehen werden, die jedoch lange nicht die dichte Organisation des RDA erreichte. Senghor hatte 1948 den “Bloc Démocratique Sénégalais” (BDS) gegründet, der in seiner Aktivität vorerst auf den Senegal beschränkt blieb. Die grundsätzlichen Entscheidungen fielen eher in Frankreich als in Afrika und auch die Einbindung in die Gruppe der Indépendants d'Outre Mer (IOM) bestand in erster Linie als Fraktionsgemeinschaft der Abgeordneten in Paris. Ein Versuch dieser Politiker, sich dem RDA anzuschliessen, misslang. 1957 wurde daraus die Convention Africaine und schliesslich der PRA (Parti du Regroupement Africain) dem sich auch die Sozialisten (MSA) anschlossen. Wichtigste Teilorganisation war Senghors neuformierter Bloc Populaire Sénégalais (BPS). Daneben gab es so prominente Leute wie Nazi Boni (Obervolta), Nicolas Grunitzky (Togo) oder Hubert Maga (Dahomey).

            Neben den Parteien erfolgte eine politische Organisation eines Teils der afrikanischen Bevölkerung durch Gewerkschaften, die, zumindest bis in die Mitte der 50er Jahre, von den beiden französischen Gewerkschaften CGT (Confédération Générale du Travail) und CFTC (Confédération Française des Travailleurs Chrétiens) kontrolliert und beeinflusst waren. Prominente afrikanische Gewerkschafter, wie Sekou Touré oder Djibo Bakary, machten zunehmend eine politische Tätigkeit im Rahmen politischer Parteien zum neuen Schwerpunkt. Die Afrikanisierung der Gewerkschaften wurde nach 1955 zwar betrieben, es kam zur Gründung afrikanischer Gewerkschaften und sogar eigener überregionaler Verbände, die aufgrund des Ursprungs vorgezeichnete Kluft zwischen sozialistischen und christlichen Gewerkschaften konnte letztlich aber doch nicht überwunden werden. Mit der Unabhängigkeit wurden die Gewerkschaftsbewegungen schliesslich durch die Regierungsparteien absorbiert.

 

“Einheit” oder “Balkanisierung”

Im französischen Parlament war 1956 das sogenannte Rahmengesetz (loi cadre) beschlossen worden, das der Regierung ein effizienteres Handeln im Rahmen des parlamentarischen Chaos möglich machen sollte. Die “Rahmenbedingungen” boten die Möglichkeit mittels Dekrete rasch auf die spezifischen und sich ständig verändernden Zustände in den Kolonien zu reagieren. Unmittelbarer Anlass für den loi cadre waren der Ausbruch des Widerstandskampfes in Algerien, die bevorstehende Unabhängigkeit Ghanas (1957) und die Forderung der UNO, den Treuhandgebieten Togo und Kamerun die Unabhängigkeit zu überlassen.
           
Es kam in der Folge zur völligen Beseitigung des Zweiklassenwahlrechts und zur Einführung allgemeiner Wahlen, zur Einrichtung von Territorialregierungen und der Aufwertung der Territorialversammlungen in Richtung auf lokale Parlamente. Die Bedeutung der Verwaltungsgliederung in AOF und AEF wurde hingegen geschwächt. Eine Reihe von Aufgaben der zentralen Behörden wurden den Territorien übertragen. Dies war im Sinne der Vertreter einer “Balkanisierung”, wie etwa Houphouet-Boigny, die alle Hoheitsrechte bei den einzelnen Ländern sehen wollten, aber auch der französischen Regierung und der Vertreter der Wirtschaft, die mit den politischen Repräsentanten der einzelnen Territorien einfacher verhandeln konnten als wären sie einer grösseren Gruppe nationaler Vertreter auf der Ebene von AOF oder AEF gegenüber gestanden.
            Die Kritiker der Rahmengesetze stiessen sich vor allem an der durch sie eingeführten Balkanisierung. Die Befürworter unter den afrikanischen Nationalisten sahen in den Territorialregierungen einen weiteren Schritt hin auf eine Autonomie, wenngleich der Vorsitzende dieser Regierung immer noch der von Frankreich ernannte Gouverneur war. Es gab immerhin einen einheimischen Vizepräsidenten des “conseil” und eine afrikanische Mehrheit unter den Mitgliedern. Ab Juni 1958, schon in der V. Republik unter der Regierung de Gaulles, wurde dieser Vizepräsident formell zum Ministerpräsidenten aufgewertet.

            Anfang Juni 1958 flüchtete sich das französische Parlament vor einem drohenden Offiziersputsch in die Arme de Gaulles.[28] Die Machtübernahme durch den General verschärfte und beschleunigte die politische Entwicklung in den Kolonien. Die neue Verfassung, die sich die 5. Republik gab, war ganz auf den Präsidenten ausgerichtet. Extremer Parlamentarismus und daraus resultierende Handlungsunfähigkeit der Regierung, wie sie die 4. Republik gekennzeichnet hatten, wurden durch eine starke Regierung und ein weitgehend bedeutungsloses Parlament ersetzt. Dies hatte auch Folgen für die politische Struktur der Kolonien. Die führenden afrikanischen Politiker zogen sich aus dem Parlament in Paris zurück und übernahmen statt dessen die bis dahin von Stellvertretern besetzten Führungspositionen in den Territorialregierungen. Es war wieder “chic” und notwendig, Politik im Lande selbst zu betreiben, aber die Bindung der Territorien an die Metropole wurde dadurch nicht in Frage gestellt. Aus der Diskussion um das “eine und unteilbare” Frankreich wurde die Communauté Française geboren. Im Rahmen dieser Staatengemeinschaft sollte Frankreich wesentliche gemeinsame Aufgaben behalten. Den einzelnen Staaten, ihren Parlamenten und Regierungen, blieb zumindest prinzipiell die Entscheidung über das künftige Statut vorbehalten.
            Für die Abstimmung über das neue Modell des französischen “Commonwealth” ging de Gaulle selbst auf eine Propagandareise durch Afrika. In seiner Darstellung liess der Präsident keinen Zweifel darüber, dass es zum “ja”, zur Aufnahme in die “beste aller möglichen Staatengemeinschaften” keine Alternative gab. Ein “nein” war gleichbedeutend mit einer “Verstossung in die äusserste Finsternis”. (Ansprenger 1961:272) Auf seiner Reise traf de Gaulle auf sehr verschiedene Auffassungen und Einstellungen: Boganda zwang de Gaulle in Brazzaville zur expliziten Formulierung, dass im Rahmen der Communauté eine Unabhängigkeit möglich wäre. Houphouet-Boigny im Gegensatz dazu vermied den von de Gaulle zutiefst gehassten Begriff geflissentlich. Zum Eklat kam es in Conacry. Sekou Touré wollte der Communauté, und damit Frankreich, eine Reihe von Kompetenzen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich nicht überlassen. Die gemeinsam wahrgenommenen Aufgaben sollten auf Verteidigung, Aussenpolitik, Währung und Hochschulwesen beschränkt werden. De Gaulle nahm übel, nicht nur was eingewendet wurde, sondern auch wie es Sekou Touré formulierte. Er reiste am folgenden Tag ab, mit der lakonischen Feststellung, wenn Guinea die Unabhängigkeit wolle, so solle es sich sie nehmen.
            Auch in Dakar gab es Demonstrationen für ein “Nein”. Die politische Führung unter Senghor vertrat eindeutig die Linie de Gaulles - vorsichtigerweise waren aber sowohl Senghor wie sein zweiter, Mamadou Dia, beim Besuch des französischen Präsidenten nicht selbst in Dakar.
Bei der Volksabstimmung vom 28. September gab es trotz der vorangegangenen Diskussionen und der sehr verschiedenen Meinungen innerhalb der Parteien ein sehr deutliches “Ja” in allen Staaten, mit einer Ausnahme: Guinea stimmte massiv mit “Nein”. Die beleidigte Reaktion de Gaulles und Frankreichs auf dieses Nein war der überhastete Rückzug aus Guinea, der das Land in ein ungeheures Chaos stürzte. Die anderen Staaten erklärten sich in den folgenden Monaten zu Republiken und optierten für das Statut als Mitglied der Communauté. Der nächste Schritt in der Entwicklung war die Formulierung eigener Verfassungen.
            De Gaulle wurde zum Präsidenten der Communauté gewählt, ein Exekutivrat gebildet und der Senat der Communauté zusammengestellt. Er trat allerdings nur zweimal zusammen. Mit dem Ausscheiden Malis 1960 war der Anfang vom Ende gegeben. Der AOF wurde im Verlauf des Jahres 1959 liquidiert statt - wie es manche wünschten - zu einem westafrikanischen Staatenbund, zu den “Etats Unies de l'Afrique de l'Ouest” aufgewertet zu werden.



[1] Zuerst aus der Normandie (Rouen) und Bordeaux, später auch aus Marseille.

[2] Vor allem verlor Frankreich im Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763) - auch der Kolonialkrieg genannt - viel an Einfluss. Im 7-jährigen Krieg kämpften mit Preußen und Großbritannien auf der einen Seite und Österreich, Frankreich und Russland auf der anderen alle europäischen Großmächte der Zeit, viele mittlere und kleine Staaten waren ebenfalls beteiligt (siehe unten). Der Krieg wurde in Mitteleuropa, Nordamerika, Indien, Karibik sowie auf den Weltmeeren ausgefochten und war damit in gewissem Sinne der erste Weltkrieg. (http://www.matheboard.de/lexikon/Siebenj%E4hriger_Krieg,definition.htm, 11.10.2004)

[3] Was am 4.2.1794 geschah (Ansprenger 1961:19)

[4] Vgl. dazu den Beitrag von Marc Michel, “L’armee colonial en Afrique occidentale française”, in Coquery-Vidrovitch et al. 1992:57-78.

[5] Abschluss von Verträgen, bei denen der einheimische Partner übervorteilt wurde oder Nichteinhaltung dieser Verträge durch die französischen Vertragspartner.

[6] Wohl war auch der “unabhängige” Staat Liberia Vertragspartner, doch eindeutig nur als Verlierer, der Gebiete an Frankreich und Grossbritannien abtreten musste. Siehe den Beitrag von Claudine Cotte, “Géopolitique de la colonisation”, in: Coquery-Vidrovitch et al. 1992: 79-104.

[7] “nos oeuvres d'assistence et de prévoyanve”

[8] “conseil de gouvernement” bzw. “conseil d'administration”

[9] 1914 macht der gesamte Handel Frankreichs mit seinen Kolonien nur 10% des Aussenhandelsvolumens aus (und davon wieder hatte Afrika einen Anteil von 14%). Nur 9% der französichen Auslandsinvestitionen gingen in die Kolonien (davon wiederum nur 20% nach Afrika südlich der Sahara) - verglichen mit 25% Investitionen in Russland. (Coquery-Vidrovitch 1992:113)

[10] Die “Compagnie Française d'Afrique Occidentale” (CFAO), “Société commerciale de l'Ouest Africain” (SCOA) und “Unilever” waren die “drei Grossen” in AOF. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte sich die Gruppe.

[11] Hier sollten bis zu einer Million Bauern in neue Siedlungsgebiete gebracht werden. Vgl. etwa die Darstellung in Magasa (1978), “Papa-commandant a jeté un grand filet devant nous ..”.

[12] Während des 19. Jahrhunderts hatten die französischen Regierungen den Bürgern der Quatre Communes ihr Bürgerrecht immer wieder aberkannt bzw. geschmälert, bevor es ihnen zu Beginn des Ersten Weltkrieges endgültig wieder zuerkannt wurde.

[13] Und dazu gehören auch so ehrenhafte Persönlichkeiten wie Hubert Deschamps.

[14] Oyono, Beti, Ouologuem u.a.

[15] Als Steuerzahler oder als Konsumenten importierter Güter war allerdings beinahe die gesamte Bevölkerung von der neuen Wirtschaftsstruktur betroffen.

[16] Knapp 12% der Abgeordneten für 60 % der gesamten Bevölkerung. (ca. 60 Mio in den Kolonien und 40 Mio in Frankreich).

[17] SFIO, “Section Française de l'Internationale Ouvrière”

[18] Die wahlberechtigte afrikanische Bevölkerung hatte allerdings massiv dafür gestimmt.

[19] CFA, “Colonies Françaises d'Afrique” erhielt nach den politischen Unabhängigkeiten eine neue Interpretation als “Communauté Financière Africaine”.

[20] Die “Untertanen” wurden dadurch zwar französische Bürger, behielten aber einen besonderen rechtlichen Status bei und waren, wenn überhaupt, nur für die zweite Wählerklasse wahlberechtigt.

[21] “Union Fédérale des Syndicats des Chefs Coutumiers de l'AOF”

[22] Eine Entwicklung, die in völligem Gegensatz zu dem steht, was sich in den ehemals britischen Besitzungen vollzog.

[23] Bezogen auf einzelne Völker innerhalb eines kolonialen Staates.

[24] Medizinisches Fachpersonal, dessen Qualifikation über die von Krankenpflegern hinausging, ohne dass die Angehörigen dieser Gruppe die Kenntnisse und Befugnisse von Ärzten gehabt hätten.

[25] Die Sozialisten, SFIO, hatten die Senegalesen unter Führung von Lamine-Gueye und der MRP (“Mouvement Republicain Populaire”) war mit Houphouet-Bogny's regionalem Gegenspieler, der “Union Voltaique” des Mogho-Naba, des Königs der Mossi, zusammen gegangen.

[26] Spitzenvertreter waren neben Houphouet-Boigny: Fily Dabo Sissoko (Sudan), Sourou-Migan Apithy (Dahomey), Jean-Felix Tchicaya (Gabun/Kongo), Gabriel d'Arboussier (der im Sudan geborene frühere Kolonialadministrator, anfangs Vertreter der 1. Wählerklasse in Kamerun kehrte 1947 in den AOF zurück), Mamadou Konate und Modibo Keita (Sudan), Auguste Denise (Elfenbeinküste), Djibo Bakary (Niger) Ruben Um Nyobe (Kamerun), Gabriel Lisette (Tschad).

[27] UDSR, “Union Democratique et Socialiste de la Resistance”

[28] Wieder nahm die Wende ihren Ausgang in Afrika. Extrem rechte Angehörige der algerischen Colons und des Offizierskorps reagierten auf die Handlungsunfähigkeit der französischen Regierung und den drohenden Verlust Algeriens Mitte Mai mit der Gründung eines “Comitee de salut” und dem französischen Parlament blieb nicht mehr übrig als die Aufgabe, dem Land eine neue Verfassung zu geben, an de Gaulle abzutreten. (vgl. dazu etwa die Darstellung bei Horne 1977, “A savage war of peace”, pp. 273ff.)