Zimbabwe
"You think Mugabe is bad, but have you thought that whoever comes after him could be even worse?"
zi-imba-bwe”, „grosses-Haus-Stein”, bezeichnet in der Sprache der Shona die Gebäude der chiefs, der „traditionellen Herrscher“. Gross-Zimbabwe, heute eine Ansammlung von Ruinen etwa 28 km von Fort Victoria entfernt, war einmal der Mittelpunkt eines Staates, der seine Blütezeit in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hatte. Verschiedene Völker, die aufgrund ihrer gemeinsamen Sprache seit dem 19. Jahrhundert als Shona bekannt sind, besiedelten den Raum südlich des Zambezi. Die Auseinandersetzungen mit den Portugiesen seit dem 16. Jahrhundert machten vor allem das Reich Mutapa (und sein Gold sowie seinen Herrscher Mwene Mutapa oder „Monomotapa”) in Europa bekannt.
In den Süden und Westen des heutigen Staates wanderten im 19. Jhdt. die Ndebele (Matabele) ein. Unter ihrem Heerführer Mzilikazi wurden sie im Raum Bulawayo sesshaft, von wo aus sie einen grossen Teil des Landes kontrollierten. In Zusammenarbeit mit britischen Missionaren sicherten sich Cecil Rhodes und seine British South African Company (BSAC) Ende des 19. Jhdts. Schürfrechte und Landbesitz. Tausende Siedler besetzten Grund und Boden und drängten die einheimische Bevölkerung in Reservate oder zwangen sie dazu, Lohnarbeit anzunehmen. 1911 gab es 24.000 europäische Einwanderer, und als 1930 ein neues Gesetz den Europäern ca. 50% des Bodens reservierte, betrug ihre Zahl 48.000 bei einer Gesamtbevölkerung von knapp 1,1 Millionen.
Die Siedler verwalteten gemeinsam mit der BSAC das Land. 1923 übernahm die englische Regierung die Kolonie Südrhodesien, ohne allerdings den Einfluss der Siedler wesentlich zu beschränken. Bereits in der Zwischenkriegszeit bildeten sich nationale politische Organisationen, die als Vorbild und Berater zumeist Organisationen aus Südafrika hatten.
Die Siedler besassen nicht nur die fruchtbarsten Ländereien, sondern hatten auch billige Arbeitskraft zur Verfügung. Aufgrund der Nachfrage nach Gold und eines günstigen Markes für Exporte nach Grossbritannien (Tabak) überstand die Kolonie die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre gut. Südrhodesien zog weiter Siedler an, vor allem aus Südafrika und Grossbritannien. Von ca. 69.000 (im Jahr 1941) stieg die Zahl der „Europeans“ bis 1954 auf 158.000.
Verschlechterung der Böden und Übervölkerung der Reservate auf der einen Seite, Industrialisierung und Modernisierung der landwirtschaftlichen Produktion auf der anderen, hatten eine rasche Urbanisierung zur Folge. Für die afrikanische Bevölkerung war sie verbunden mit existentieller Unsicherheit und schlechten Lebensbedingungen, ganz im Gegenteil zu den weissen Einwanderern.
1948 kam es zur Bildung einer „Zentralafrikanischen Föderation“ der beiden Rhodesien und Nyasalands (heute Malawi). Die Siedler hätten die von ihnen kontrollierte Föderation gerne als unabhängigen Staat im Rahmen des Commonwealth gesehen, doch die englische Regierung lehnte diese Forderungen ab. Mit der 1956 einsetzenden Entwicklung der beiden nördlichen Teilstaaten in Richtung auf Unabhängigkeit musste die Regierung in Salisbury ihre Pläne neu gestalten. Die Position der weissen Minderheit war durch Rassengesetze, Segregation und die Kontrolle der Wirtschaft abgesichert. Verglichen mit den beiden anderen Staaten der Föderation war die nationalistische Bewegung in Südrhodesien sehr schwach. Die afrikanische Bevölkerung entsandte (soweit sie wahlberechtigt war) zwar Abgeordnete in das föderative Parlament, im eigenen Land musste sie das Regieren jedoch den Siedlern überlassen. Erst 1957 fingen die Vertreter der beiden Bevölkerungsgruppen an, über eine afrikanische Beteiligung an der Kontrolle des Staates zu verhandeln.
1963/64 wurden nacheinander Malawi und Zambia unabhängig. Die Regierung in Südrhodesien akzeptierte den Zerfall der Föderation. London hatte nur geringe Neigung, den Prozess der Entkolonisierung in Südrhodesien zu beschleunigen, da sie die hohen Investitionen englischer Unternehmen im Land besser durch eine weisse Minderheitsregierung als durch eine schwarze Mehrheitsvertretung gesichert sah. Nach ergebnislosen Gesprächen in London und Salisbury erfolgte am 11.11.1965 die einseitige Unabhängigkeitserklärung der Regierung in Salisbury, UDI, „Unilateral Declaration of Independence“. „Auf der rhodesischen Seite war sie nichts anderes als die Bestätigung von etwas, das bereits existierte. Was die Briten betraf, so wäre es irreal, ja absurd gewesen, hätten sie plötzlich eine moralische Position in einer Angelegenheit bezogen, die sie seit Dezennien vollständig ignoriert hatten.“ (Doris Lessing, nach Windrich 1978:57)
England verzichtete auf eine militärische Aktion gegen die UDI, hielt jedoch die formelle Präsenz im Land bis 1970 aufrecht. Sanktionen der UNO blieben wirkungslos, weil sie nur von wenigen Staaten eingehalten wurden, ja erwiesen sich sogar aufgrund der notwendigen Ersatzproduktion als förderlich für die lokale Wirtschaft. Die beiden Befreiungsbewegungen ZAPU (Zimbabwe African People's Union) und ZANU (Zimbabwe African National Union) führten von den Exilländern Zambia und Tanzania aus einen wenig erfolgreichen Kampf gegen das Siedlerregime. Überdies gab es immer wieder heftige Auseinandersetzungen zwischen den beiden Bewegungen und Fraktionskämpfe.
Erst mit Beginn der 1970er Jahre verstärkte sich der Befreiungskamp und hatte für die Regierung in Salisbury eine immense Erhöhung der Militärausgaben zur Folge. Die Rekrutierung von Soldaten auch unter der schwarzen Bevölkerung, Pressezensur, Umsiedlung der schwarzen Bevölkerung in befestigte Lager und verstärkte Emigration der weissen Bevölkerung schädigten die Wirtschaft des Landes. Unter starkem internationalem Druck kam es zu Friedensverhandlungen, zu allgemeinen Wahlen im Februar 198o und schliesslich zur Unabhängigkeit am 18.4. Die ZANU unter Führung von Robert Mugabe sicherte sich mit 63% der Stimmen und 57 von 100 Parlamentssitzen die Regierung. Das Vertrauen, das ihm anfangs geschenkt wurde, schwand bald. Die Sicherung der erworbenen Macht führte zu Ausgrenzung und Haft politischer Gegner, zu einem Massaker an den Matabele und zur Vertreibung der weissen Siedler, deren Farmen an Mitglieder der regierenden Partei gingen. Mugabe entmachtete das Parlament und inszenierte die Wahlen.
Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich drastisch. Mugabe war lange nicht bereit die Macht aufzugeben. Hyperinflation, Klimakatastrophen und Hunger trafen die Bevölkerung hart. 2017 zwang die Armee Mugabe schliesslich zum Rücktritt, nach 37 Jahren als Staatschef. Sein Nachfolger Emmerson Mnangagwa, das „Krokodil“, einst die rechte Hand Mugabes, führte den alten Kurs fort und sicherte sich 2018 in umstrittenen Wahlen den Posten als Staatschef. Die Wirtschaft liegt weiter im Argen und 2020 erfasste der Corona-Virus auch Zimbabwe. „Um die Menschen zu beruhigen, hat die Regierung bekanntgegeben, die Technische Universität Chinhoyi habe 12.000 Masken hergestellt und sei gerade dabei, 10.000 Stück Seife zu produzieren. Wie sich die Menschen ernähren sollen, wenn sie nicht mehr arbeiten und nicht einmal mehr ihre Häuser verlassen dürfen, hat sie nicht erklärt,“ schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 1.4.2020.
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