Namibia

Wir haben gute Leute, doch man lässt sie nicht arbeiten wie sie könnten

Mehr als doppelt so gross wie Deutschland und die Schweiz zusammen, hat Namibia jedoch nur 2,5 Mio. Einwohner. Das Binnenland ist vom Meer durch eine weite Wüstenzone getrennt, dazu ist die Küste vom Meer her schwer erreichbar. Lange auf dem Reissbrett gezogene Grenzen verweisen darauf, dass die Grenzlande kolonialpolitisch wenig umstritten (wenig interessant) waren. Eine Ausnahme macht der Caprivizipfel, der Namibia als Ergebnis des Helgoland-Zanzibar-Vertrags zwischen Deutschland und Grossbritannien einen Zugang zum Zambezi verschaffte.

Kulturell wie wirtschaftlich unterscheiden sich die Gesellschaften im Norden deutlich von denen im Süden. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in den nördlichen Provinzen, die auch den wesentlichen Teil der Agrarproduktion liefern, während der mittlere und südliche Teil sich vorwiegend zur Viehzucht eignet.

„Einerseits ist die Freiheit Namibias auf Erz gebaut, auf Uran, Kupfer, Diamanten, ein wenig Gold und vielleicht manches andere im Boden, was unter dem Sand zu erkunden bleibt,“ schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 20. März 1990, zur Unabhängigkeit Namibias. „Andererseits steht der junge Staat buchstäblich auf flüchtigem Sand: Wüsten im Westen wie im Osten, eine ausgedörrte Farmwirtschaft und ein zwar etwas besser bewässertes, aber vom Krieg verheertes und bitter armes Gebiet schwarzafrikanischer Bauernwirtschaft im Ovamboland an der Nordgrenze, wo die Hälfte der Einwohner zu Hause ist.“

Seit 1884 Zielgebiet deutscher Kolonisierung wurde Südwestafrika zu einer Siedlerkolonie; Deutsch ist bis heute eine der National- und Amtssprachen und ein guter Teil der etwa 6% „Europeans“ deutscher Herkunft. Der Widerstand der Herero wurde den Kolonisatoren zwischen 1904 und 1907 zum Anlass der Ausrottung grosser Teile der Bevölkerung im Süden (ein Genozid – erst 2015 fand sich das offizielle Deutschland bereit, die Vernichtung der Herero als „Völkermord“ zu benennen). Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Kolonie ein C-Mandat Südafrikas, das das Gebiet bis 1990 unter Einsatz von Apartheidmassnahmen, Polizeigewalt und – vor allem nach Beginn des Befreiungskampfes – Militär kontrollierte. .

Die Besatzer schufen Bergwerkszonen, requirierten Land für weisse Farmen, sperrten die Bevölkerung in Reservate, nutzen ihre billige Arbeitskraft aus und marginalisierten afrikanische Bauern und Hirten; besonders galt dies für die San („Buschmänner“), die von den Siedlern wie von Afrikanern versklavt und ausgebeutet wurden.

Die wirtschaftliche Entwicklung wurde durch die Siedler, die Mandatsverwaltung und fremdes Kapital bestimmt und ist bis heute auf die Produktion von Rohstoffen und den Export von Vieh und Fisch ausgerichtet. Der Tourismus wird in rezenter Zeit immer bedeutender, hat jedoch auch ökologisch und sozial negative Auswirkungen. Bereits 1921 wurde Namibia Teil der Southern African Customs Union und ist dies heute noch. Aus Eigenem kann Namibia die Versorgung der Bevölkerung kaum zur Hälfte decken.

1966 begann die SWAPO (South West African People's Organisation) den bewaffneten Kampf für die Unabhängigkeit; im gleichen Jahr erklärte die UNO das Mandat für beendet, doch Südafrika ignorierte dies. 1971 kam endlich ein Boykottaufruf an alle UNO-Mitglieder, doch blieben die Massnahmen weitgehend wirkungslos, weil die westlichen Grossmächte sich Sanktionen verweigerten. Südafrika setzte nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft (1975) auf eine „interne Lösung“ und Eingliederung Namibias als 5. Provinz der Republik Südafrika. Erst 1990 kam es, im Kontext des Zusammenbruchs des Sozialistischen Blocks, zu einer mehr oder minder einvernehmlichen Unabhängigkeit; die SWAPO kontrolliert bis heute die Politik des Landes.

Kritik von Innen und Druck von Aussen führten zu einer Öffnung der autoritären Regierung, vor allem nach dem Rücktritt von Sam Nujoma 2005. Korruption und die Verschlechterung der Klimaverhältnisse erschweren die Entwicklung. Aus sozial-politischer Sicht hat die Regierung eine Reihe von Problemen zu lösen, die lange nicht wirklich in Angriff genommen wurden; die wichtigsten sind Landreform und Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Kleinstaat auf grosser Fläche kann sich aufgrund seiner Einkünfte durchaus eine soziale Unterstützung der Ärmsten leisten; eine grundlegende Umverteilung zwischen dem reicheren Viertel und dem armen Rest zeichnet sich allerdings nicht ab.

„The political party system that we have adopted just brings more problems than solutions. It is like that in all of Afrika. Look at Angola, Tanzania, everywhere! It is still the same political party since independence. Those in the party become so spoilt and arrogant as party membership is a ticket to political power and wealth. In better democracies, it is your citizenship and contribution that take you somewhere. Here you cannot be a CEO or win a tender if you are not a bragger of your ruling party membership. Our education and healthcare systems do not work. We have good people all round, but they are not put in positions to contribute according to their abilities to the wellbeing of the nation.“ (New Era, 01.07.2016, neweralive.na/posts/number-problem-namibia, 12.08.2019)

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